Geschichten vom Marschall - Teil 2

Georg Ilsung, Schlossherr von Tratzberg erwirbt das Scheibengut

 

Ab 1540 gehörte das Scheibengut den Gebrüdern Weiss (wohlhabende Bürger aus Augsburg und einflussreiche Beamte am Schwazer Silber- und Kupferbergwerk; wann genau sie das Scheibengut erworben haben, ist nicht mehr nachvollziehbar). Bereits zwei Jahrzehnte später verkauften sie das Gut an Georg Ilsung, dem neuen Schlossherrn von Tratzberg (von 1554 –1580). Georg Freiherr von Ilsung, ein Neffe von Philippine Welser, in dessen Besitz auch Mariastein und Burg Matzen waren, wurde auch „schwäbischer Krösus“ (jemand, der über Reichtümer verfügt) genannt. Im Gegensatz zum Erwerb von Schloss Matzen, deren horrenden Kaufpreis von 6770 Gulden er ohne mit der Wimper zu zucken beglich, erwarb er das Scheibengut damals aber nur als Leihkauf (eine frühere Form der Verpachtung).

Es ist bekannt, dass der kunst- und prunkliebende Georg von Ilsung in den Religionskämpfen streng am katholischen Glauben festhielt. Unter ihm wurde der zweite große Bauabschnitt von Tratzberg durchgeführt. Er ließ den Westflügel nach Norden verlängern und den Nordtrakt errichten, was die Burg zu einer geschlossenen Anlage mit vier Flügeln und einem großen Innenhof machte. Der Schlossherr hat auch die prunkvolle Ausstattung einiger Räume veranlasst, die bis heute zu den schönsten der Renaissance zählen. Trotz des großen Aufwandes, den er für Tratzberg betrieb und der königlichen Bewilligung sich „von, zu und auf Tratzberg“ schreiben zu dürfen, scheint Ilsung lieber auf Schloss Matzen gewohnt zu haben, den Winter verbrachte er überhaupt in Augsburg. Seine Tante Philippine Welser und ihr Mann, Erzherzog Ferdinand von Tirol, waren mehrmals Gäste auf Schloss Tratzberg und Matzen.

Sohn Friedrich Ilsung veräußert Scheibengut an Sekretär

 

Georg Ilsung starb am 4. September 1580 und hinterließ seinen gesamten Besitz seinem Sohn Friedrich. Die Tatsache, dass das Scheibengut weiterhin ein Leihkauf war, beweist der Übergabevertrag vom 30. September 1584 in dem es heißt, dass Georgs Sohn das Scheibengut an dessen Sekretär, Christoph Meschen, weiterveräußert hat, jedoch nicht ohne die „Bewilligung St. Georgenbergs“.

 

Somit war St. Georgenberg nach wie vor rechtmäßiger Besitzer und Grundherr des Guts, Friedrich und nunmehr dessen Sekretär nur die Pächter. Laut Pachtvertrag betrug der Grundzins für das Scheibengut

fünf Pfund Berner, zwischen Ostern und Pfingsten mussten 30 Eier nach Georgenberg abgeliefet werden. Außerdem mussten sogenannte „Robotschichten“ (Dienstleistungen von Bauern an den Grundherrn) geleistet werden: 3 Holztage, 3 Heutage und 2 Schnitttage.

Friedrich Ilsung starb kinderlos am 4. Dezember 1587 und hinterließ seinen beiden Schwestern Anna und Susanna die gesamten Güter. Im Teilungsvertrag der Schwestern wurde folgendes festgelegt: Susanna erhielt Schloss Matzen und ein Kapital von 17.000 Gulden. Anna, vermählt mit Jakob Fugger, Schloss Tratzberg. Somit war Tratzberg erneut im Besitz eines vermögenden und angesehenen Schlossherrn, der großes Interesse

an der Geschichte des Schlosses zeigte, weiteres Inventar kaufte und wesentlich zur Gestaltung der Innenräume und des Hofes beitrug.

 

Was wir aber noch immer nicht sicher wissen ist, ob das Scheibengut in der Ilsung-Zeit bzw. insgesamt im 16. Jahrhundert bereits ein Wirtshaus war oder nicht? Erst das 17. Jahrhundert wird uns volle Klarheit

darüber bringen.

 

Bis 1657 blieb Tratzberg im Eigentum des berühmten Augsburger Geschlechts der Fugger, dann gehörte es den schwäbischen Freiherren von Stauber-Imhof, zwischen 1694 und 1732 den Freiherren von der Halden.