Geschichten vom Marschall - Teil 3

Es waren es die Tratzberger Schlossherrn von Ilsung, die das Scheibengut, also den späteren Gasthof Marschall, gepachtet hatten. In den darauffolgenden 100 Jahren gibt es keinerlei Aufzeichnung, was

damit passiert ist. Erst am 17. November 1680 taucht ein „Schreiben des Herrn von der Halden wegen Kauf des Scheiben-Guts zu Stans mit Tafern“ auf (Fiechter Stiftsarchiv). Dies deckt sich auch mit einem Kaufvertrag vom 19. Juli 1680, der sich im Tratzberger Schlossarchiv befindet.

 

Aus dem Scheibengut wird ein „Wirtshof“ mit „Tanzhaus“

 

In diesen Dokumenten wird das Scheibengut zum ersten Mal im Zusammenhang mit einer „gemauerten Wirtsbehausung“ oder „Tafern“ (= Taverne, Weinschenke) erwähnt. Somit ist nun geklärt, dass erst

die Herren von der Halden das Schankrecht für das Scheibengut erworben haben und diesen nun als „Wirtshof“ bezeichneten. Später kamen noch ein „Tanzhaus“ (Verträge nach 1700), eine größere Stallung mit einer Wagenhütte (= Fuhrpark), eine Brunnenleitung und ein Gemüse- und Obstgarten dazu. Zudem

wurde zwischen 1580 und 1680 erheblicher Grundbesitz wie Felder, Äcker, Weideflächen und Waldparzellen erworben. Das zeigt sich vor allem auch an der hohen Pacht der „Würths-Tafern“ und ihrer Güter, die auf 1450 Gulden anstieg. Dazu kamen 190 Gulden für den „Summernuz und Hausvarnus“ (= Almen und beweglicher

Besitz), zusammen also eine stolze Pachtsumme von gesamt 1640 Gulden.

 

Die Georgenberger Benediktiner schienen zu diesem Zeitpunkt immer noch als Grundherren auf, denen eine jährliche Stift (= Zehentabgabe) zu leisten war. Um 1700 erfolgte erneut eine Erweiterung des Besitzes,

ein Kräutergarten, eine Fütterei, ein Dreschtennen und ein „Gejaid“ (Jagdrevier) gehörten nun auch zum Gut.

 

Rauchverbot für das Dienstpersonal

 

Da im Wirtshof (Scheibengut) offenbar in letzter Zeit schon öfter Feuer ausgebrochen war, schärfte der Propsteiverwalter und Schlosspfleger, Joseph Anton Payr, im Pachtvertrag vom 24. April 1734 den Knechten und Mägden („Ehehalten“) ein, in den verschiedenen Gebäuden und Räumen nicht zu rauchen. Überhaupt sollte mit dem Feuer vorsichtig umgegangen werden.

 

Dazu heißt es: „…dass er die Wirthsbehausung, Stadl und andern darzue gehörige Gepey vorderist vor Feuersgefahr böstermassen verhieten, auch seine Kinder und Ehehalten zuezuspröchen, dass sie mit dem Feur vleissig [vorsichtig] umbgehen und absonderlich bei den Stadl und Stallung das Tabackhtrinckhen in mindisten nit zu gestatten, da und im Fahl aber durch Ihme, Besteher [=Pächter], seine Kinder oder Ehehalten auch durch solche Tobackhdrinckher an der Behausung oder zuegehörigen Gepeyen mit daraus entstehenden Feur wenig oder vihl verdörbt werden, solle solches beim Besteher oder dessen Erben und deren Vermögen zuersuechen vorbehalten“ sein.

Wirtshof-Einnahmen versorgten Schlosskapläne auf Tratzberg

 

Die Freiherren von der Halden, die ihren Stammbaum im Erker des Habsburgersaales von Schloss Tratzberg anbringen ließen, stammten ursprünglich aus Vorarlberg. Sie hießen eigentlich „Gabriel“, benannten sich später aber nach einer Parzelle („Halde“) der Gemeinde Frastanz in „von der Halden“ um. Franz Rudolf von der Halden (gest. 1713) richtete am 8. September 1700 mit dem Stiftsbrief die „frey weltliche Probstey“ für seinen zweiten Sohn Ernst Rudolf Severin in Schloss Tratzberg ein. Er übergab ihm die Kapellenverwaltung und die Wohnung von der Kapelle bis zu den Maximilianzimmern.

 

 

Bereits Veit Jakob Tänzl hatte Messen für die von ihm erbaute Katharinenkapelle auf Tratzberg gestiftet. Georg Ilsung ließ sogar wöchentlich in der Kapelle eine heilige Messe lesen. Auch eine Stipendien-

Stiftung wurde eingerichtet, die 10 Priesterstudenten das Studium an einer Hochschule ermöglichte. 1675 wurde ein ständiger Schlosskaplan für Tratzberg bestellt und – wie bereits oben erwähnt – am 8. September 1700 eine „Propstei“ errichtet. Im erneuerten Stiftsbrief vom 2. November 1707 ist festgehalten, dass der

jeweilige Propst innerhalb des Burgfriedens das Recht des „Vogelfanges“ und des „kleinen Waidwerkes“ besitzt, wobei er das auch einem von ihm ernannten Priester weitergeben konnte. Propst Ernst Rudolf Severin von der Halden wurde am 2. Juni 1708 vom Dekan von Fügen in Tratzberg eingesetzt, der bei dieser Gelegenheit auch die Kapelle mit ihren drei Altären besichtigte. Da der Propst sich zu Studienzwecken öfter in Rom befand, wurden seine Funktionen zunächst von Georgenberger Benediktinern ausgeübt.

Am 30. Mai 1719 starb Propst Ernst Rudolf Severin von der Halden, Nachfolger wurde sein Vetter Christoph Ignaz von der Halden, der die Propstei bis zu seinem Tod am 11. August 1753 (begraben ebenfalls in Stans) innehatte.

 

Obwohl zur Tratzberger Propstei vier Höfe, darunter auch das Scheibengut und damit deren Erträge gehörten, beliefen sich die Einnahmen auf nicht mehr als 505 Gulden jährlich. Mit diesen spärlichen Mitteln versorgte man, mehr schlecht als recht, die Schlosskapläne auf Tratzberg. Aus diesem Grund wurde die Propstei 1796 auch nicht weiter als Familienbenefizium (=Familienbesitz) geführt, sondern in ein

Kuratbenefizium (=Pfarrpfründe; als Pfarrpfründe bezeichnet man das mit einem Kirchenamt verbundene Vermögen, das dem Inhaber des Amtes als Entgelt seiner Dienstleistung zusteht) umgewandelt, das zusätzlich die Aushilfe der Seelsorge in Stans übernahm. Das Vermögen der Propstei, nach dem jährlichen Ertrag der

Pfründe nun mit 15.500 Gulden festgelegt, wurde so verteilt: 8000 Gulden erhielt der Benefiziat (=Geistlicher, der das Recht auf Einkünfte aus den Pfarrpfründen hat), 2500 Gulden waren für die Schlosskapelle und 5000 Gulden für die Stipendien-Stiftung bestimmt.

 

Der spätere Schlossinhaber, Ignaz Graf von Tannenberg, musste diese Beträge auch weiterhin ausbezahlen, die Stiftungsvereinbarung

blieb nach wie vor dieselbe. Es wurden vier Wochenmessen, einige

Gottesdienste, Jahrtage und Quatembermessen (mit Quatember bezeichnet man viermal im Jahr stattfindende, ursprünglich

mit Fasten, Gebet und Almosengeben ausgezeichnete Bußtage im Kirchenjahr) verlangt. Dazu kam die Verpflichtung, an Sonn- und Festtagen das ganze Jahr hindurch in der Schlosskapelle die heilige

Messe zu lesen und an diesen Tagen den Rosenkranz am Nachmittag zu halten.

 

Bei der Besetzung der Tratzberger Propstei spielten die Grafen von Tannenberg eine große Rolle. Sie übernahmen auch das „Wirtsgut in Stans“ (Scheibengut) von den Herren von der Halden, um aus dessen

Erträgen die Schlosskapläne noch besser versorgen zu können.

 

Erfahren Sie im 4. Artikel nicht nur interessantes über dieses Grafengeschlecht, sondern vor allem Wissenswertes über die Gastronomie im „Marschall“. Also bleiben Sie dran!